In betontem Querformat, einer Schaubühne gleich, hat der Maler hier in schonungsloser Kritik ein ironisches Bild der gesellschaftlichen Verhältnisse seiner Zeit dokumentiert. Der Innenraum einer Anwaltsstube zeigt schon auf den ersten Blick völliges Durcheinander, bei dem der Betrachter erst langsam die Bildzusammenhänge erfasst. Die Figuren warten zusammengedrängt vor einem langen Tisch, hinter dem sich der Advokat mit schwarzem Barett in ein Dokument vertieft. Auf Tischen, in Wandregalen, selbst auf dem Boden verstreut, liegen Berge von Schriftstücken, und man mag sich vorstellen, wie auch die Entscheidungen des Advokaten von dieser Unordnung bestimmt sind. Ein junger Amtsgehilfe im Hintergrund versinkt hinter einem Wust von Akten. Die Bürger oder Bauern haben wie Bittsteller das Advokatenhonorar in Form von gefüllten Körben und Eiern mitgebracht. Eine Bäuerin hat einen Eierkorb mitgebracht, ein Bauer ein geschlachtetes Huhn. Dagegen blickt ein Mann am linken Bildrand ohne derartige Gaben ängstlich und besorgt drein, ob der Chancen auf den Ausgang seines Anliegens.
Diese „Bauernadvokat"-Darstellung war derart beliebt, dass über 80 Versionen des Themas erfasst werden konnten, etwa 20 davon von Pieter Brueghel signiert. In der Häufigkeit an Wiederholungen kann allenfalls die „Vogelfalle" von Brueghel genannt werden. Die signierten Gemälde sind in die Zeit zwischen 1615 und 1622 einzuordnen, inhaltlich jeweils nahezu identisch, lediglich mit kleinen Abänderungen bei den Schriftstücken oder in Details der Wanddekoration.
Laut Ertz geht die Bildidee und damit die verbundene Zeitkritik bereits auf ein französisches Vorbild des 16. Jahrhunderts zurück, was bedeutet, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse kaum geändert hatten. Bei dem hier angebotenen Gemälde handelt es sich um eine Nachfolgearbeit.
Anmerkung:
Pieter Brueghel d. J., Sohn des berühmten Pieter Brueghel d. Ä. (um 1525 – um 1569), erhielt seine künstlerische Ausbildung u. a. bei Gillis van Coninxloo (um 1581 – 1619/20), einem bedeutenden Vertreter der flämischen Landschaftsmalerei. Im Jahr 1584/85 wurde Brueghel als freier Meister in die Lukasgilde von Antwerpen aufgenommen, was seinen offiziellen Eintritt in das künstlerische Leben der Stadt markierte. Von seinen insgesamt sieben bekannten Schülern wurden insbesondere Frans Snyders (1579 – 1657), ein führender Tier- und Stilllebenmaler, sowie Gonzales Coques (1614 – 1684), auch bekannt als der „flämische Van Dyck", überregional bekannt. A.R.
Literatur:
Vgl. Klaus Ertz, Pieter Brueghel der Jüngere (1564 – 1637/38). Die Gemälde mit kritischem Oeuvrekatalog, Lingen 1988, Bd. 1, S. 501, Kat.Nr. 489, dort die früheste bekannte datierte Version mit Abbildung. (1451318) (11)
Pieter Brueghel the Younger,
ca. 1564 Brussels – 1637/1638 Antwerp, circle of
THE PEASANT LAWYER
Oil on panel. Parquetted.
70 x 104 cm.
The subject of The Peasant Lawyer was so popular that over 80 versions have been documented, around 20 of which are signed by Pieter Brueghel. The signed paintings, dating from between 1615 to 1622, are virtually identical in composition, differing only in minor details like the documents or wall decorations. The painting offered here is by a follower of Brueghel.
Literature:
cf. Klaus Ertz, Pieter Brueghel der Jüngere (1564 – 1637/38). Die Gemälde mit kritischem Oeuvrekatalog, Lingen 1988 – 2000, vol. 1, p. 501, cat. no. 489, there the earliest known dated version with illustration.